Schriftstellerei-Geld-verdienen

Top oder Flop?

Mein erster Roman war ein Flop. Nicht inhaltlich, denn ich bin inzwischen der Überzeugung, dass ich in Weg Wollen* eine gelungene Geschichte erzähle. Viele nette Rückmeldungen von Freunden und Fremden stärkten mich letztlich in meinem Selbstvertrauen, halfen mir dabei, meine ewigen Selbstzweifel zu überwinden. Aber finanziell, das kann man nicht anders sagen, war es ein Flop.

Kürzlich fand mich ein Herr auf Facebook, bei dem ich vor Jahren mal ein Vorstellungsgespräch für einen Job hatte. Aus dem Job wurde nichts, doch nun, Jahre später, fand er mich wieder und beglückwünschte mich zu meinem neuen Karriereweg als Schriftsteller. Weil das ja nun auch schick aussieht, wenn man meinen Roman auf Amazon sieht. Weil man ja denken könnte, ich sei ein Profi.

Aber Pustekuchen, weit gefehlt. Vielleicht ist es an der Zeit, mal ein paar Einblicke in meine letzten Jahre als Schriftsteller zu geben.

Long Road to Ruin

Ich schrieb meinen ersten Roman im Jahr 2012. Ich hatte eine Menge Zeit, reiste nach dem Studium ein Jahr lang mit dem Rucksack um die Welt und suchte eine Beschäftigung für den Kopf. Eine Idee trug ich schon eine Weile mit mir herum, nun wollte ich sie zu Papier bringen.

Nach neun Monaten war ich fertig. 340 Seiten war die Geschichte stark, ein ordentlicher Roman. Die Geschichte: Klassisches Coming-of-Age, unorthodox erzählt. Pulp-Fiction-mäßig quasi, indem die erste Szene nahtlos an die letzte anknüpft und den Leser mit einem Aha-Erlebnis zurücklässt. Ziemlich genial, fand ich.

Die restlichen drei Monate ließ ich das Manuskript liegen und nach meiner Rückkehr nach Deutschland einen frischen Blick darauf zu werfen. Um mit fremden Augen und dem nötigen Abstand ein paar letzte Schnitzer auszumerzen. Leider stellten die fremden Augen fest: Das Buch war Müll.

Viel Aufwand, kein Ertrag

Frustriert ließ ich das Werk auf dem Rechner vergammeln, sucht mir einen Job und begann zu arbeiten. Doch vergessen konnte ich das Buch nie, denn zu viel Zeit und Herzblut hatte ich bereits in das Projekt investiert. Und am Ende des Tages fühlte es ich wie ein Scheitern an, dass ich es nie fertiggestellt hatte.

Also zog ich es wieder hervor, verbrachte Abende und Wochenenden damit, es zu überarbeiten. Vier Jahre lang investierte ich immer wieder Monate meiner Freizeit, verfluchte meine dummen Fehler, las ähnliche Bücher, suchte Inspiration, verzweifelte immer wieder an meiner Unerfahrenheit und vergaß es wieder für eine Weile. Dann, endlich, geschah das Unmögliche: Nach dem zehnten Durchgang war ich zufrieden.

Ich schickte Leseproben an eine Handvoll Agenturen in München. Die schrieben alle freundlich zurück, zumindest die, die antworteten. Man erkenne Talent, man freue sich auf zukünftige Einsendungen, aber bei diesem Buch sehen sie wenig Chancen. Dabei konnten die Antworten kaum verbergen, dass selbst die eine Agentur, die das gesamte Manuskript angefordert hatte, kaum mehr als ein paar Seiten gelesen hatte.

Selbst ist der Selbstpublisher

Dass die Agentur- und Verlagssuche kein Selbstläufer ist, war mir schon irgendwie klar gewesen. Da ich aber grundsätzlich nicht der Typ bin, der fremde Menschen so lange bequatscht, bis sie mich gut finden, sah ich auch für die Zukunft wenig Aussicht auf Erfolg.

Michael Meller, der wohl bekannteste Agent Münchens, hat mal in einem Interview gesagt, dass er in dreißig Jahren wohl kaum mehr als eine Handvoll Autoren unter Vertrag genommen hat, die ihre Manuskripte unaufgefordert eingesendet haben. Alles andere lief wohl über Kontakte und persönliches Kennenlernen. Eine Welt, wie für mich zu schaffen. Nicht.

Also veröffentlichte ich den Roman im Selbstverlag. Es gibt ja genug Plattformen, die es einem da heute leicht machen. Als E-Book brachte ich es über Bookrix.de auf alle bekannten Plattformen, nur um Amazon kümmerte ich mich selbst. Dort bot ich es zusätzlich als Print-on-Demand an. Für den Kunden ist das bequem: Einen Tag, nachdem er das Buch bestellt hat, ist es frisch gedruckt unterwegs zu ihm.

Im Besten Fall merkt er nicht einmal, dass es nicht über einen Verlag erschienen ist. Dass das Coverdesign und Layout weitere Monate und Wochenenden verschlang, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht weiter zu erwähnen. Aber sah es am Ende wirklich nach einem professionellen Buch aus?

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Führ mich zum Schotter! Aber ohne Arme keene Kekse…

Selbstvermarktung für Dummies

Egal, dachte ich, nutze den Wind, solang er in den Segeln ist.

Ich schrieb dem Blog eines E-Book-Stores, ob sie mein Buch nicht rezensieren wollten. Prima Idee, schrieben die zurück, schreib uns doch einfach die Rezension, wir veröffentlichen das dann. Ich war begeistert und lobhudelte drauflos.

Es war die Vorweihnachtszeit 2016. Wie viele Verkäufe durfte ich wohl erwarten? Amazon gab mir schnell eine Vorstellung davon: Nachdem ich es eingestellt hatte, rangierte es ungefähr auf Position 45.000. Ganz hinten eben. Wie soll’s auch sonst gehen? Da würden Leser, die nach frischen, neuen Roman suchten, aber lange scrollen müssen, stellte ich fest. Und schon hingen die Segel so schlapp hinab wie Dumbos Ohren nach seinem ersten Auftritt in der Manege.

Long Road to Victory

Lange Rede, kurzer Sinn: Ohne Arme keene Kekse. Heute weiß ich, dass deutlich mehr dazu gehört, wenn man als neuer Autor einen Verlag finden will. Ich besuchte unlängst das Seminars eines Autors, der in seinem Leben an über 35 Buchprojekten mitgearbeitet hat. Und jedes Mal musste er mit der Verlagssuche neu beginnen.

Sein letztes größeres Projekt sendete er über 25 Mal überarbeitet an einen Agenten – den er, wohlgemerkt, persönlich kannte – und wurde jedes Mal abgelehnt. Dann versuchte er im letzten Akt der Verzweiflung einen neuen Weg – und eine Woche später war der Vorschuss auf seinem Konto. Wenn ich mir seine Geschichte bewusst mache, wird mir schnell klar, warum mein erstes Buch keiner wollte.

Gschäft is Gschäft, und der Buchmarkt ist eines der härtesten.

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Auf ein Neues?

Einfach aufhören will ich trotzdem nicht, jetzt, wo ich den Dreh langsam raushabe. Wozu habe ich denn jahrelang das Schreiben geübt? Doch nicht, um nur dieses Blog zu führen. Das Finanzamt führt mich als schließlich als Autor! In den letzten zwei Jahren habe ich da aber nur Verluste geltend gemacht. Wenn ich nun nichts nachlege, tauschen die bald Schriftsteller gegen Liebhaberei und fordern die paar Kröten, die ich absetzen konnte, auch noch zurück.

Doch ich habe noch so viele Geschichten zu erzählen. Nur, welche hat Aussicht auf Erfolg?

Ich will Geschichten schreiben mit Humor und Tiefgang, mit unterhaltsamer Handlung und einer Metaebene, die zum Nachdenken anregt. Auf meiner Weltreise im Jahr 2012 habe ich eigentlich eine solche Geschichte erlebt.

Ich suchte damals die extreme Reiseerfahrung, die ausgetretenen Backpackerpfade Lateinamerikas gaben mir nicht, was ich suchte. In Panama lebte ich kurzzeitig auf einer einsamen Insel und verlor einen Zahn beim Surfen. Und ich traf einen Radfahrer, der die verrücktesten Dinge erlebte, weil er von den Einheimischen ganz anders wahrgenommen wurde.

Ich tat es ihm nach – und lebte bald auf den Straßen von Neuseeland, schlief unter Brücken, wusch mich in Flüssen, und lernte das Land der langen weißen Wolke auf eine Art kennen, wie wohl kaum jemand sonst. Ich traf Menschen, die meine Sicht auf das Leben beeinflussten und meine Einstellung zum Glück nachdrücklich veränderten.

Sowas lesen die Leute doch gerne, oder nicht? Wie Eat, Pray, Love, aber ein bisschen rauer, wilder, männlicher. Erzählt mit dem Humor von Bill Bryson*, dem Abenteuerdurst von Andreas Brendt*, und der Tiefe von Cheryl Strayed*. 100.000 Deutsche reisen jedes Jahr nach Neuseeland, sechs Millionen geben an, sich eine Reise dorthin vorstellen zu können. Das ist doch ein Markt, oder nicht?

Auf ein Neues!

Ein Jahr lang habe ich jetzt neben dem Beruf an diesem Roman geschrieben, aber dieses Mal geht das Überarbeiten schneller. Das Manuskript ist in den letzten Zügen. Ich habe bereits Verlage herausgesucht, die solche Geschichten veröffentlichen. Inzwischen kenne ich einen Schriftsteller, der eine feste Agentur hat, vielleicht kann der ja mal für mich einen Kontakt herstellen.

Dieses Mal mit Hirn und Verstand. Dieses Mal rufe ich auch mal wo an, wenn es sein muss. Denn dieses Mal habe ich ein Konzept. Sechs Jahre habe ich gebraucht, um endlich einen vernünftigen Einstieg ins Schriftstellerleben zu finden. Vielleicht klappt es ja dieses Mal?

Einen ersten Einblick findet ihr in diesem Beitrag über die Wanderung durch das zentrale Vulkanmassiv der Nordinsel. Der Rest folgt hoffentlich dieses Jahr im Fremdverlag. Wünscht mir Glück!

[Edit: Es ist vollbracht! „Bonusland“ erschien im Frühjahr 2019 im Conbook-Verlag!]

Das schwere Los des Schriftstellers, oder: Aller Anfang ist schwer

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