Sri Lanka ist ein buddhistisches Land mit einem hohen Anteil an Muslimen. Dennoch ist Weihnachten auch hier allgegenwärtig. Folge mir auf einen Trip durch die singalesische Vorweihnachtszeit.
Dieser Artikel ist der Beitrag für den 23.12.2017 des Blogger-Adventskalenders von aufundab.eu. Dort findet ihr viele weitere spannende Artikel, vornehmlich über Outdoor-Sachen und das Wandern.
Hinter Törchen Nummer 22 schrieben Lena und Tim von schratundfee.de einen Artikel über das Heimkommen.
Das Türchen für den Heiligabend wird morgen bekanntgegeben!
Viel Spaß beim Stöbern und Fröhliche Weihnachten! Euer Götz.
Der Bus überholt sogar den Weihnachtsmann
Ich habe gehört, für die Busfahrer hat das auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgegeben. Es soll die einzige für das ansonsten friedliche Sri Lanka sein, aber den Busfahrern scheint nicht viel an ihren Leben zu liegen – und an den Leben ihrer Passagiere ebensowenig. Ob ich Weihnachten überhaupt noch erleben werde?
Wieder überholen wir einen anderen Bus, als uns ein Transporter entgegenkommt. Wir hupen zuerst, also haben wir wohl Vorfahrt. Der Fahrer des Transporters tritt in die Bremsen, wir scheren eine Haaresbreite vor ihm wieder ein. Wie durch ein Wunder überleben wir. Ich vermute, die Busfahrer werden nach zurückgelegten Kilometern bezahlt. Oder nach überfahrenen Hunden.
Aus den Lautsprechern dröhnt eine Mischung aus karibischen Offbeats und Bollywood-Singsang. Das ist typisch für die Busse und vermutlich typisch für Sri Lanka. Eine ganz spezielle Musikmischung, sie animiert durchaus zum mitwippen, wird nur irgendwie für den hellichten Tag zehn Dezibel zu hoch gespielt.
Jingle Bella Ella
Immerhin keine Weihnachtslieder. Die Vorweihnachtszeit auf Sri Lanka ist irgendwie komisch. Im singalesischen Radio findet sie nicht statt, doch es gibt offenbar jede Menge englische oder zumindest international orientierte Sender, die einen Klassiker nach dem anderen anteasern.
In Ella steige ich aus und aus der Bar neben mir ertönt „Jingle Bells Rock“. Sie ist geschmückt wie ein Chalet in St. Moritz zu dieser Jahreszeit, denn über die gesamte Fassade baumeln Lichterketten herab. Weihnachten hat es also bereits in diese Touristenenklave in den Tropen geschafft. Nur noch eine Woche, dann steht es an, das Fest der Liebe.
Eigentlich wollte ich ja einen Artikel übers Wandern schreiben, aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Ich habe mir beim Surfen den Fuß aufgerissen, eigentlich nur ein winziges bisschen, aber bei diesem Klima wurde das Loch immer größer. Salzwasser tat das übrige und jetzt humple ich ähnlich wie die ganzen verlausten Straßenköter auf der Insel.
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Wandern auf Straßenköterart
Ich gehe trotzdem auf einen Hügel hinauf, es ist eher ein Spaziergang, aber auf Straßenköterart brauche ich über eine Stunde. Ein überwältigendes Panorama tut sich vor mir auf. Ich stehe ca. 1200m über dem Meer, weit im Landesinneren, doch in der Ferne scheint er matt zu glänzen, der indische Ozean.
Die umliegenden Hügel sind bedeckt von Teeplantagen, in der Ferne rauscht ein Wasserfall in die Tiefe. Es hat schon was, dieses Ella, doch das haben die Einheimischen längst erkannt und eröffnen ein Gästehaus nach dem anderen. Selbst der kleinste Saftladen – das ist in dem Fall wörtlich zu nehmen – bietet neben frisch gepresster Ananas auch noch ein paar Zimmer an.
Der Spaziergang hat meiner Wunde nicht gut getan und so verschiebe ich schweren Herzens meinen Heimflug auf eine Woche früher. Eigentlich wollte ich Weihnachten nochmal unter Palmen verbringen, wie schon 2011 in Panama und 2014 in Kolumbien. Immer schön im Abstand von drei Jahren, dieses Jahr vielleicht zum letzten Mal. Oder war es das endgültig?
Von Buddhisten, Muslimen und Weihnachten
Als ich von Ella wieder ins flache Land reise, fällt mir auf, dass sich die Weihnachtsdeko keinesfalls auf Touristenenklaven wie Ella beschränkt, im Gegenteil. Jeder zweite Laden schreibt Merry Christmas in sein Schaufenster, hängt Lametta auf, bringt ein paar Lichterketten an oder hat einen Weihnachtsbaum aus Kunststoff neben der Kasse stehen.
Im „Food City“, der Supermarkkette des Landes, tragen die armen Kassiererinnen Weihnachtsmannmützen. Aus dem Lautsprecher ertönt „We wish you a Merry Christmas“ in einer Rockversion. Außer mir sehe ich aber im Augenblick keinen Westler, für wen also ziehen die die ganze Weihnachtsfassade hoch?
Der Anteil der Christen auf Sri Lanka liegt bei 7%, doch auch hier wurde das kommerzielle Potenzial längst erkannt. Keine andere Feierlichkeit irgendeiner Weltreligion lädt derart zum Konsum ein wie die Vorweihnachtszeit. Und so locken auch die Buddhisten ihre islamischen Landsleute mit saftigen Weihnachtsrabatten.
Meinen verletzten Fuß für einen letzten Surf
Die letzten Tage verbringe ich wieder am Meer. Es ist Hauptsaison, das bedeutet, dass in jedem Gasthaus mindestens ein Zimmer belegt ist. Es ist wie in allen Ländern dieser Art, von Südostasien bis Mittelamerika: Kaum ist eine Nachfrage da, gibt es bereits ein Überangebot.
Mein Fuß verheilt immer noch nicht, doch immerhin habe ich die Entzündung im Griff. Ich habe ein Pflaster gefunden, das antibakteriell ist und dicht zu halten scheint, davon kaufe ich gleich 20 Stück. So kann ich die letzten Tage surfen und das Loch in meinem Fuß vergessen.
Und siehe da, völlig unverhofft hat es sich doch noch geschlossen! Es grenzt an ein Weihnachtswunder. Da ich aber nicht besonders religiös bin, bleibe ich bei meinem Plan: Es ist Zeit, heimzukehren. Jawohl, ich bin ganz sicher.
Flying home for Christmas
Es ist der 22. Dezember am späten Abend. Ich schreibe diese Zeilen und steige in meinen Flughafenshuttle. Morgen früh um 4:30 Uhr, am 23.12.2017 geht mein Flug nach Deutschland. Zu meiner Verlobten. Endlich können wir Weihnachten mal zusammen verbringen, denke ich. Vielleicht war es ein Wink des Schicksals, dass mein Fuß verletzt wurde.
So wird es besser sein, für meine Beziehung und mein Seelenheil. Im Autoradion ertönt „I’m driving home for Christmas“. Flying, korrigiere ich in Gedanken, und muss unwillkürlich lächeln. Schluss mit der ewigen Reiserei. Es wird Zeit, endlich sesshaft zu werden. Zu Hause wartet immerhin meine Verlobte. I’m flying home for Christmas.
Ein Gedanke zu „Von Wunden, Wandern und Wundern – Weihnachtsgedanken aus Sri Lanka“